Die Privatliquidation stellen viele Ärztinnen und Ärzte vor Herausforderungen, denn schon kleinere Fehler können zu Verzögerungen und finanzielle Einbußen führen. Zusätzlich werden die Leistungen eines Arztes aufgrund des veralteten Gebührenwerks immer schlechter honoriert.
Um bereits bei der Erstellung Ihrer Privatabrechnung diesen Problemen entgegenzuwirken, habe ich Ihnen hier die häufigsten Fallstricke zusammengefasst, die es zu vermeiden gilt:
Fehler Nr. 1: Fehlende Dokumentation:
Ihre Abrechnung nach der Gebührenordnung für Ärzte sollte immer rechtskonform sein, weshalb der Grundsatz gilt – ohne Dokumentation keine Abrechnung!
Vergessen Sie hierbei bitte weder Ihre Anamneseerhebung noch stattgehabte Diagnostiken und Therapien. Auch auf den ersten Blick unwichtige Dinge, wie zum Beispiel der Gemütszustand eines Patienten, können von großem Nutzen bei der Erstellung der Privatabrechnung sein. So kann man beispielsweise die Faktoren der Beratungsleistungen bis zu 3,5-fach steigern, wenn ein Patient verwirrt und die Beratung somit erschwert ist.
Mein Tipp:
Es lassen sich Begründungen in den meisten Praxis-Software-Programmen ganz einfach hinterlegen. Durch das Zuordnen eines Kürzels lassen sich Begründungen somit ganz leicht zu einer GOÄ-Ziffer ergänzen. Sie ersparen sich somit viel Zeit!
Fehler Nr. 2: Sachkosten werden bei der Privatabrechnung vergessen:
Die Abrechnung von Sachkosten und Materialien werden von der Gebührenordnung für Ärzte in §10, Abs. 1-3 klar geregelt.
Somit dürfen Sie bei Privatpatienten alle Sachkosten und Materialien in Rechnung stellen, die Sie bei der Behandlung verbraucht haben oder die der Patient zur Verwendung zu Hause von Ihnen erhält.
Aufnahmen sind laut GOÄ lediglich:
- Kleinmaterialien, wie Zellstoff, Mulltupfer, Kompressen etc.
- Alle Mittel zur Oberflächenanästhesie
- Desinfektion- und Reinigungsmittel
- Augen-, Ohren-, Nasentropfen, Puder, Salben etc.
- Einmalspritzen, -kanülen, -handschuhe, -harnblasenkatheter, -skalpelle, -proktoskopie und -spekula
Bitte beachten Sie hierbei, dass, ab einem Einzelbetrag von 25,56 € ein entsprechender Sachkostennachweis (z.B. die Rechnung der Apotheke) Ihrer Rechnung für den Patienten beigelegt werden muss.
Mein Tipp:
Erstellen Sie sich eine Ankreuzliste, auf der Sie alle Materialen, die in Ihrer Praxis verwendet werden, auflisten. Ebenso sollte dieses Formular mit Spalten für das jeweilige Behandlungsdatum und der Menge versehen sein. Legen Sie in jede Patientenakte, ob digital oder in Papierform ein solches Formular ab. Während der Behandlung des Patienten muss Ihre Mitarbeiterin dann lediglich noch das Datum und die Anzahl hinter dem entsprechenden Material eintragen. Die Dokumentation erfolgt somit schneller und gerät weniger in Vergessenheit.
Fehler Nr. 3: Keine oder juristisch keine haltbaren Verträge
Sie haben Ihre Leistungen nach allen medizinischen Standards zum Wohle des Patienten erbracht und Ihre Rechnung geschrieben. Plötzlich flattert Ihnen ein Ablehnungsschreiben der Versicherung des Patienten ins Haus mit dem Hinweis des Patienten, dass er aufgrund der Nicht-Erstattung durch die Versicherung die Zahlung an Sie ablehnt.
Nun bleibt Ihnen nur folgende Entscheidung: Verzichten Sie auf Ihr Honorar oder treiben Sie die offene Forderung ein?
Klar ist – die Rechtsbeziehung besteht zwischen Ihnen und dem Patienten. Die Rechnung wird mit Erstellung sofort fällig. Unabhängig der Erstattungsleistung der Versicherung!
Auch wenn ein Behandlungsvertrag bereits mündlich zu Stande kommt, werden Sie nun froh sein, wenn Sie sich nun auf einen schriftlichen Behandlungsvertrag berufen können.
Mein Tipp:
Informieren Sie die Patienten bereits im Behandlungsvertrag darüber, dass es, je nach abgeschlossenem Tarif der Patienten, zu Eigenleistungen der Patienten kommen kann.
Fehler Nr. 4: Gespräche und Beratungsleistungen
Die Abrechnung von Gesprächen und Beratungen nach der Gebührenordnung für Ärzte lassen viele Ärzte verzweifeln. So scheint es, dass jedes Gespräch in der GOÄ viel zu niedrig bewertet ist und die GOÄ auch nicht viel Spielraum für die Abrechnung bietet.
Laut GOÄ stehen die Ziffern 1, 3, 4 und 34 zur Verfügung und selbst diese Ziffern haben strenge Abrechnungseinschränkungen.
Um Ihre Leistung besser honoriert zu bekommen ist es ratsam, ein wenig vom Standard abzuweichen:
- Die Ziffer 1 GOÄ – Beratung, auch telefonisch:
Diese Ziffer darf pro Behandlungsfall nur 1x neben Sonderleistungen (alles ab GOÄ 200 ff) abgerechnet werden
- Vermerken Sie einen neuen Behandlungsfall mit der dazugehörigen Diagnose in der Rechnung direkt hinter der Ziffer oder schaffen Sie zeitliche Trennungen durch Angabe einer Uhrzeit.
- Ziffer 3 GOÄ – Eingehende Beratung:
Diese Ziffer darf neben Sonderleistungen (alles ab GOÄ 200 ff) nicht abgerechnet werden.
- Verzichten Sie nicht auf diese Leistung, sondern ersetzten Sie diese mit der GOÄ 1 mit Faktor 3,5-fach
- Ziffer 4 GOÄ – Erhebung Fremdanamnese (Angehörigengespräch):
Diese Ziffer darf pro Behandlungsfall nur 1x abgerechnet werden
- Setzen Sie für jedes weitere Gespräch mit Angehörigen eine Analogleistung, z. B. die Ziffer 817 analog an.
- Ziffer 34 GOÄ – Erörterung einer lebensverändernden Krankheit:
Diese Ziffer wird meist von Versicherungen nicht erstattet
- Geben Sie hinter dieser Ziffer den Grund für die Abrechnung dieser Leistung an. Zum Beispiel „Zeitaufwendige Erörterung aller Befunde mit Besprechung der Therapiemöglichkeiten, auch im Hinblick auf die weitere Lebensführung des Patienten“. Dies kann bereits im Vorfeld durch entsprechende Textbausteine in Ihr Programm eingepflegt werden.
Mein Tipp:
Fand während einer Vorsorgeuntersuchung eine zeitintensive Beratung statt, so darf die komplette Hauptleistung (z.B. GOÄ 29 für die Gesundheitsuntersuchung) gesteigert werden auf bis zu Faktor 3,5-fach!
Fehler Nr. 5: Zuschläge werden vergessen
Besondere Zeiten der Behandlung von Patienten, wie zum Beispiel die Behandlung nachts oder am Wochenende, werden in der Gebührenordnung für Ärzte separat durch Zuschläge honoriert.
Diese sind sowohl für Beratungen und Untersuchungen (Ziffern 1 bis 8 GOÄ), als auch für Visiten und Konsile (Ziffer 45 bis 62 GOÄ) oder ambulante Operationen und Anästhesien anzusetzen.
Um diese bei der Abrechnung nicht zu vergessen, bieten Abrechnungsprogrammen die Möglichkeit, diese bei der sogenannten Plausibilitätskontrolle abzufragen. Eine zusätzliche Hilfe kann das Abspeichern von Ziffernketten sein. Hier können die Leistungen, inclusive der dazugehörigen Zuschläge, im Vorfeld abgespeichert und entsprechend betitelt werden.
Mein Tipp:
Für ein ungeplantes Konsil mit einem ärztlichen Kollegen während der Sprechstundenzeiten darf zusätzlich zur GOÄ 60 für das eigentliche Konsil noch der Zuschlag „E“ (Zuschlag für dring angeforderte und unverzüglich erfolgte Ausführung) abgerechnet werden!